Oberstes Ziel ist es, Tierversuche wo immer möglich durch geeignete Alternativmethoden oder neue tierfreie Ansatzmethoden (sogenannte NAMs – New Approach Methodologies) zu ersetzen (Replacement). Wo dies zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht möglich ist, gilt es, so wenig Tierversuche wie möglich durchzuführen (Reduction) und die Belastung der Tiere dabei durch kontinuierliche Weiterentwicklung der Methoden zu verringern (Refinement).
3R-Info
Das 3R-Prinzip
Rechtliche Grundlagen
Tierversuche sind grundsätzlich genehmigungspflichtig. In der Europäischen Union und damit auch in Deutschland sind Tierversuche durch die Richtlinie EU (2010/63/EU) geregelt, die vom Europäischen Parlament im Jahr 2010 zum Schutz der für wissenschaftliche Zwecke verwendeten Tiere erlassen wurde. Tierversuche dürfen laut Tierschutzgesetz nur dann genehmigt werden, wenn ausschließlich auf diesem Weg neue Erkenntnisse gewonnen werden können, der Einsatz der Tiere unumgänglich/unerlässlich ist und die beantragten Versuche ethisch vertretbar sind. Ferner muss im Zuge des Verfahrens geprüft werden, ob tatsächlich keine alternativen Methoden oder Verfahren zur Verfügung stehen, mit denen die zugrunde liegende Frage der Forschenden beantwortet werden kann.
Tierversuchszahlen in Deutschland
Laut des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) wurden im Jahr 2022 in der Bundesrepublik Deutschland rund 2,4 Millionen Versuchstiere zu wissenschaftlichen Versuchszwecken wie bspw. der Grundlagenforschung, der Entwicklung von Medikamenten oder zur Erforschung von Krankheiten eingesetzt. Dabei erfasst wurde die Gesamtzahl an Tieren, die für wissenschaftliche Zwecke verwendet sowie die Gesamtzahl an Tieren, die für wissenschaftliche Zwecke getötet wurden.
Baden-Württembergs Verantwortung als wichtiger biomedizinischer Forschungsstandort
Baden-Württemberg trägt als wichtiger Standort der biomedizinischen Forschung eine besondere Verantwortung für den Schutz von Versuchstieren und die Anwendung des international anerkannten und auch im deutschen Tierschutzgesetz verankerten 3R-Prinzips in der tierexperimentellen Forschung.
Um dieser besonderen Verantwortung gerecht zu werden, fördert das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst (MWK) Baden-Württemberg u. a. den Aufbau des 3R-Netzwerks Baden-Württembergs, in dem das 3R-Center Tübingen sich als landesweites Querschnittscenter dafür einsetzt, Forschende zusammenbringen und eng mit den Entscheidungsträger:innen der regulatorischen Behörden und der Politik sowie den potenziellen Nutzer:innen dieser Ersatz- und Alternativmethoden zusammenarbeiten. Dadurch soll es den Forschenden im Land ermöglicht werden, ihre wissenschaftlichen Fragestellungen mittels moderner und komplexer In-vitro-Modelle zu beantworten, ohne dabei auf den Einsatz von Tieren zurückgreifen zu müssen.
Alternativen zum Tierversuch
Der Aufbau sowie die biochemischen Abläufe in einem Lebewesen sind äußerst komplex und unterscheiden sich zwischen unterschiedlichen Spezies z. T. sehr stark. Nicht selten liefern Versuche an unterschiedlichen Tierrassen gegensätzliche Ergebnisse, wenn es z. B. um die Testung von Wirkstoffen geht. Eines der wohl bekanntesten Beispiele für diesen Effekt ist das Kopfschmerzmittel Aspirin®, das u. a. in Katzen, Hunden, Affen, Mäusen, Kaninchen und Ratten zu schweren Gesundheitsschäden führt, während Menschen den Wirkstoff überwiegend sehr gut vertragen und Aspirin® folglich zu einem der meist verschriebenen Arzneimitteln zählt.
Um die schlechte Übertragbarkeit von Tierversuchsdaten auf den Menschen zu überwinden und den menschlichen Organismus adäquat zu simulieren, stehen im Schwerpunkt “Replace” verschiedenste In-vitro-Modelle und neuartige Ersatz- und Ergänzungsmethoden zur Verfügung, die es erlauben, Tierversuche durch Alternativmethoden zu ersetzen.
Alternativmethoden, insbesondere solche, die auf menschlichen Zellen und damit auch menschlichen Genen basieren, liefern z. T. schon jetzt zuverlässigere Aussagen über die Effekte von Wirkstoffen auf den Menschen, als das mit Versuchstieren der Fall ist. Da Alternativmethoden im Vergleich zu einem Versuchstierorganismus eine reduzierte Komplexität aufweist und i. d. R. jeweils nur einzelne biologische Aspekte untersucht werden können, werden verschiedene Alternativ- und Ergänzungsmethoden häufig kombiniert, um ein verlässliches Versuchsergebnis gewährleisten zu können.
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